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Das Tomorrow-Festival beim AKW Zwentendorf

Written by  on Juni 18, 2013

Obwohl wir baustellenbedingt eigentlich keine Zeit hatten, machten wir uns als Gewinner von zwei Wochenendpässen fürs Tomorrow-Festival (Herzlichen Dank dafür an die EVN) auf den Weg nach Zwentendorf um auch etwas Festival-Atmosphäre abzubekommen. Aus Zeitmangel war der Trip nur für Donnerstag auf Freitag geplant – und selbst den Freitag haben wir schon im Vorfeld wetterbedingt gestrichen. Wer möchte sein Zelt für nur eine Nacht in den Schlamm stellen? …

Wir fahren bereits am Vormittag nach Zwentendorf. Wir wollen am Gelände etwas zu Mittag essen und am Nachmittag an der Führung durch das Atomkraftwerk teilnehmen.

Auf alle Fälle sind wir gegen 11:00 Uhr am Parkplatz und 15 Minuten später vor der Kassa. Hier gibt es eine eigene Warteschlange für Leute auf der Gästeliste, VIPs, Presse und Crew. Die andern Kassen sind bis auf eine eigene für Karawans noch geschlossen. Es ergeben sich sehr interessante Gespräche mit anderen Besuchern – hauptsächlich Leute von der Crew. Gegen 12:00 Uhr beginnt es zu regnen. Wir stehen noch immer in der Schlange mit den gleichen, nicht einmal 50 Leuten. Wir wissen mittlerweile dass es einen Stand mit veganem Tee geben wird (Ich frage mich noch immer, ob es auch nicht-veganen Tee gibt. Da kommen doch nur Pflanzen rein?). Von den Herrschaften vor uns wissen wir, dass sie am Dach für die Hauptbühne arbeiten sollen. Von einer Dame wissen wir, dass sie in der Nähe wohnt und nur Aushilfsweise heute auf einem Stand arbeitet. Mittlerweile schüttet es so richtig und wir sind noch immer keinen Schritt näher an unseren Kontrollarmbändern – geschätzt ist es jetzt so 12:30 Uhr – und wir rücken tatsächlich schon bis zu den Absperrungen vor. Wir können die vier Damen in der Kassa schon sehen. In der Kassa wird munter drauf los diskutiert. Die Damen haben was zu trinken. Ich sehe verständnislose Blicke. Dann telefoniert wieder eine. Ab und zu sehe ich auch ein Schulterzucken – wieder ratlose Gesichter und weitere Telefonate. Gegen 13:00 Uhr wissen wir dann ungefähr, was uns jetzt zwei Stunden wertvolle Lebenszeit gekostet hat: Es gibt keine eigenen Armbänder für die Mitarbeiter und Standel-Steher (mehr). Bevor wir wirklich an der Kasse sind, hören wir schon, dass die Gästeliste hoffentlich funktionieren wird (Ich frage noch, was beim Abhaken von Namen auf einer Liste schiefgehen kann… – es könnte noch daran scheitern, dass alles digital erledigt wird, was dringend notwendig ist, weil es ja genau EINEN Punkt gibt, an dem mein Name abehakt werden könnte). Irgendwann zwischen 13:00 und 13:30 Uhr sind wir ganz vorne angelangt und wir haben Glück – die Gästeliste funktioniert gerade…

Diesen Anblick konnten wir zwei Stunden lang genießen!

Von anderen Festivals her wäre meine Erwartung, dass statt 50 Besuchern eher 5000 Besucher innerhalb von zwei Stunden ihre Kontrollarmbänder bekommen können.

Wir kaufen jetzt also unseren Gewinn. Obwohl wir nicht Campen und gemeinsam einen Rucksack mithaben, kaufen wir Müll-Pfand-Münzen aus Holz a EUR 10,00 pro Kopf (klar – auf einem grünen Festival versteht man das doch) und entrichten EUR 4,00 Vergnügungssteuer. Die Müllsäcke lasse ich den unbeholfenen Damen gleich da. Von der Führung durch das AKW wissen die Damen auch nichts. Was uns jetzt schon verdächtig vorkommt, wo waren die Leute für die AKW Führung um 12:00 Uhr? Die hätten wir doch sehen müssen.

Aber wir gehen erst Mal aufs Gelände was essen. Auch die Securities am Eingang befragen wir wegen der Führung. Wir sind etwas ratlos – die Securities fragen uns wo wir hin wollen. Da ich keine Ahnung habe, sagen sie mir – dass wir hier genau richtig sind.

Hier auf den Tischen ist das reichhaltig gebotene Mittagessen zu sehen.

Wir sehen also im strömenden Regen den Campingplatz und die PV-Anlage. Wir stellen uns vor einem geschlossenen Stand mit undichtem Planen-Dach unter. Laut Festival Guide sind wir bei der Global-Bar. Wir sehen uns den Guide durch, wo wir hier hingehen könnten. Hier sind einige Damen mit ihren Kindern, sie fragen uns ob man bereits aufs Gelände kann – aber bei den Eingangsschleusen wird noch gearbeitet und es tut sich nichts. Es schaut überhaupt nirgends einladend aus. Ich sehe nur geschlossne Stände. Es gibt also noch nichts zu essen. Ich will aufs Klo gehen und frage ein paar Arbeiter ob die Toiletten schon angeschlossen sind. Entsetzt weisen sie mir den Weg zu ein paar Dixi Klos – es ist noch nix fertig.

Wir prüfen nochmal den Lageplan. In der Mail mit der Anmeldebestätigung zur Führung heißt es: „TREFFPUNKT: 15 Uhr beim Eingangszelt bzw. den Eingangsschleusen kurz vorm Kassabereich. Ihr werdet dort abgeholt und zur Führung gebracht.“ Also prüfen wir nochmal den Guide und machen uns auf den Weg zurück zu den Kassen. Da noch Zeit ist, gehen wir nochmal zum Parkplatz um vom Auto etwas zu essen zu holen (war eigentlich für die Heimfahrt gedacht…)

Ob eine Montageschaum-Pflanze wirklich sooo grün ist?

Gegen 14:30 stehen wir vor dem Kassenbereich. Mittlerweile warten hier mehr Leute… Wir sind trotz Schirm nass von oben bis unten und überlegen, ob wir nicht einfach gleich heimfahren sollen – aber ich will auf die Führung. Wir treffen auch wieder die Dame aus der Warteschlange und tratschen nochmal mit Ihr, ob jetzt die ganzen Mitarbeiter schon aufs Gelände gelassen wurden… Auch mit zwei Besucherinnen kommen wir ins Gespräch über das Wetter, unsere bisherigen Erlebnisse und auch über unsere Baustelle. Spontan bieten sie sich an, mit auf die Baustelle zu kommen und für Bier und Radiomusik zu arbeiten, nachdem sie wissen, dass es bei uns trocken wäre. Sie erzählen uns auch davon, dass sie auf einen anderen Parkplatz umgeleitet wurden, der extrem weit weg vom AKW liegt. Wie sich später noch rausstellte, wurden im Regen keine Autos mehr auf das Stoppelfeld gelassen, wo wir parkten.

Kurz nach 15:00 Uhr, wo wir doch bei unserer Führung sein sollten, hat diese noch immer nicht begonnen. Wir fragen weitere Besucher und Securities danach – aber niemand weiß etwas. Auch ein Herr mit Global 2000 Jacke kann uns nicht helfen – er sagt uns, dass er nur für die Kassen zuständig ist. Im Nachhinein ist es irgendwie schade, dass wir uns nicht gleich für seine Leistung bei den Kassen bedankt haben.

Hier zu sehen – unsere komplette Führung durchs AKW.

Um 15:30 Uhr, noch immer keine Führung. Wir haben den Regen satt und entscheiden uns für die Abreise. Am Parkplatz ackern gerade ein Kleinbus und ein Golf GTI um die Wette… diverse Fahrzeuge blockieren immer wieder die Ausfahrt. Mit deaktivierter Schlupfregelung, Losfahren im 2. Gang und viel Feingefühl im Gasfuß und an der Lenkung gelingt aber die Flucht – noch bevor eine Band aufgetreten ist.

Am Tag darauf hab ich im Autoradio zufällig FM4 laufen. Es wird auch berichtet vom Festival in Zwentendorf. Unter anderem wird gelogen, dass es Führungen durchs AKW gibt. Dann wird erklärt, dass am ersten Tag die Hauptbühne in eine Halle verlegt wurde, diese aber ab dem zweiten Tag wetterfest sein wird. Mir wird einiges Klar – die Herren, die das Dach bauen sollten, waren die Herren mit denen wir in der Warteschlange standen. Leute – wenn ihr ein Dach haben wollt, dann solltet Ihr wohl eure Handwerker zur Baustelle lassen!
Was bleibt abschließend übrig von diesem Festival: Zweieinhalb Stunden Autofahren, Zwei Stunden Warteschlange, EUR 24,00 für die Gewonnen Festival-Pässe, Hunger und nasse Unterwäsche.

Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man nicht bekommt, was man bekommen wollte. Und eine Erfahrung war es trotz allem. Danke Global 2000 für diesen unvergesslichen Tag!

PS: Entschuldigung für den vielen Text!